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Fast wie ein verwunschenes
Schlösschen - der alte Hof in der Düsseldorfer Reichsgasse |
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Eine
Reportage von 1988 |
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Ein
Kleinod in der Großstadt |
Die
Reichsgasse in Düsseldorf |
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DÜSSELDORF – Wer in Unterbilk zwischen den gewaltigen Bauten der LVA, WestLB oder der Provinzial durch die von Autos überfluteten Straßen wandert, glaubt gar nicht, dass zwischen der Kniebrücke und dem Fürstenwall eine der schönsten Ecken von Düsseldorf liegt: die kleine verträumte Reichsgasse. Und eben in diesem Gässchen liegt der einzige erhaltene Bauernhof im Düsseldorfer Stadtkern. Sogar der Besitzer Ludwig Weil wurde dort 1914 geboren!
„Der Ursprung des Hofes lässt sich bis in das
16. Jahrhundert zurückverfolgen.“, erzählt der 73jährige Ludwig
Weil, „In der heutigen Form existiert er seit ca. 1730.“
Über 2400 Quadratmeter - damals war das etwa die Größe
eines Preußischen Morgen - erstreckt sich der weißgekalkte Hof in dem
Häuserblock Fürstenwall, Florastraße, Reichstraße und Reichsgasse.
Idyllisch liegen der alte Reitstall, der Hühnerstall und die
kleinen Wohnhäuser, eingebettet in Efeu und wildromantischen Gärten. Überall
zieren kleine Statuen oder Wandreliefe die Winkel und Wände, von berühmten
Künstlern wie Jupp Rübsam oder dem Bildhauer Klinkenberg oder von dem Neffen
Ludwig Weils Günter Merten.
„Mein Vater kam um 1910 von Limburg an der Lahn nach
Düsseldorf und erwarb das Anwesen damals von einem Kommerzienrat Lubs.“,
erinnert sich Weil, „Als gelernter Stukkateur baute er hier sein Baugeschäft
auf.“
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Ludwig Weil wohnt heute in dem ehemaligen Pferdestall.
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Weils Vater, auch Ludwig mit Vornamen, war maßgeblich am
Bau des Wilhelm-Marx-Hauses beteiligt, des ersten Bürohochhauses Deutschlands in der
1920er Jahren. Mittlerweile leben die Weils in der vierten Generation auf der
Reichsgasse und haben eine Erbengemeinschaft gegründet. Von den sieben
Wohneinheiten bewohnen fünf Wohnungen Söhne und Verwandte Weils.
Die einzige größere Veränderung wurde an einem Haus vorgenommen, welches um eine Etage aufgestockt und der hintere Teil in Garagen umgewandelt wurde. Ludwig Weil selbst wohnt in dem ehemaligen Pferdestall mit Holzboden und Dachbalken. Draußen an der Mauer sind noch die alten Eisenringe zu sehen, wo früher die Pferde angebunden wurden. Romantische Holzfensterläden an den kleinen Fenstern zieren die Gebäude zur Straße hin. Die Heizungsanlage wurde in den zwanziger Jahren installiert – von dem späteren Handwerkskammerpräsidenten und
da noch jungen Handwerker Georg Schulhoff persönlich!
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Ganz versteckt liegt die Reichsgasse in Düsseldorf.
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Der heutige Hof, hauptsächlich bestehend aus Wirtschafts- und
Stallgebäude, geht auf einen alten Hof aus der Mitte des 18. Jahrhunderts
zurück. Auf diesem Grundstück stand davor ein alter Gutshof, dessen Grenzen
schon in Karten aus dem 16. Jahrhundert eingezeichnet sind. Früher hieß die
Reichsstraße noch Krautstraße. Namensgeber war eine alte Krautmühle, die hier
am Ufer der Düssel stand. Zum Gedenken an die Gründung des Zweiten Deutschen
Reiches im Jahre 1871 wurde die Straße schließlich in Reichsstraße umbenannt.
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Rechts das Haus wurde um eine Etage aufgestockt.
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An seine jungen Jahre denkt Ludwig Weil gerne zurück. Damals
spielte an der Straßenecke noch Gabriele Hünermann, jetzige Gabriele Henkel, auf der Reichsstraße;
die Kniebrücke gab es noch lange nicht. „In der Altstadt bummelte ich bei Mutter Ey herum.“ erinnert sich Weil,
„Oder wie der Kommerzienrat Jagenberg (Jagenbergwerke) früher mit seinem
Elektrowagen von der Wasserstraße zu seiner Fabrik fuhr und wir Kinder hinter
dem Auto herliefen. Und auf dem Markt vor der St. Peter-Kirche am Fürstenwall
verkaufte eine Frau im Winter heißes Wasser!“
Als Bauleiter hatte Weil im Städtischen Hochbauamt
maßgeblich Anteil an dem Wiederaufbau der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg:
Unter seiner Aufsicht entstanden das Gerresheimer Krankenhaus und das
Rethel-Gymnasium an der Graf-Recke-Straße.
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Ludwig Weil in seinem Garten.
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Letztens hatte Ludwig Weil Besuch von einem ehemaligen
Unterbilker,
der seit über dreißig Jahren nicht mehr in Düsseldorf gewesen war. Dieser
meinte, als er den alten Hof wieder sah: „Dat jibbet nich, dat is ja
noch wie früher...“
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Nachsatz
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Diese Geschichte fand ich in meinem Archiv.
Sie stammt etwa von Januar, Februar 1988. Ich schrieb und fotografierte sie für
eine Düsseldorfer Zeitung. Ursprünglich als Lückenfüller geplant, wurde sie
nie veröffentlicht. Da sich in dieser Reportage meiner Meinung nach ein kleines
Stück Düsseldorfer Stadtgeschichte findet, habe ich sie jetzt im
Internet publiziert. Th. Bujack, März 2005
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Autor
& Fotos:
Th.
Bujack
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