Nordpol
 
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21. Mai 1925 - Roald Amundsen lehnt vor dem Start auf Spitzbergen an seinem Dornier-Wal N-25.
 

 

5. Mai 2012 - Endlich am Nordpol! 87 Jahre nach der Amundsen-Expedition brachte Flugkapitän Wilhelm Heinz ein Originalteil des N-25 zum Nordpol.

 

Historisches Amundsen-Relikt an Bord

Teil des legendären Dornier N-25-Flugbootes erreicht nach 87 Jahren den Nordpol
 

Die Deutsche Polarflug führte jetzt im Mai erfolgreich ihren sechsten Expeditionsflug zum Nordpol durch (Reportage hier auf der nordlandseite). 280 Passagiere erlebten dabei auch die Ankunft eines Originalteiles von dem Flugboot, mit welchem der berühmte norwegische Polarforscher Roald Amundsen 1925 versucht hatte, den Nordpol zu erreichen. Flugkapitän Wilhelm Heinz von der Fluggesellschaft airberlin führte es im Cockpit mit. Ein Mitarbeiter der nordlandseite konnte das Amundsen-Teil nach Berlin und dann bis zum Nordpol begleiten.

Amundsen, 52 jährig, will 1925 mit zwei Dornier-Flugbooten endlich den Nordpol erreichen. Es ist ein weiterer Versuch des Norwegers zum Nordpol zu gelangen. Mit sechs Expeditionsmitgliedern starten die zwei Dornier-Flugboote N-24 und N-25 von Ny Ålesund auf Spitzbergen am 21. Mai 1925 in Richtung Nordpol. Doch beide Maschinen müssen auf Höhe des 88. Breitengrades auf dem zerfurchten Packeis notlanden. Der N-24-Wal war bereits beim Start auf Spitzbergen leck und hätte den Nordpolflug so nicht ordnungsgemäß beenden können. Pilot Dietrichson später zu seinem Entschluss trotz des Schadens weiterzufliegen, „(...) um N 25 nicht im Stich zu lassen. Er (Dietrichson) wollte lieber das Leben riskieren, als den Erfolg des Fluges aufs Spiel zu setzen.“

Als erstes muss der N-25 wieder auf das Packeis gesetzt werden. Unter großen Mühen gelingt den sechs Männer diese gemeinschaftliche Aktion. Mit nur drei Männern wäre der Rettungsversuch bereits jetzt gescheitert. 

Amundsen hat für den Notfall einiges mit an Bord der beiden Flugboote. Dazu gehören Nahrung in Form von Pemmikan, leichte Schlafsäcke und Benzinkocher. Und Amundsen hat vor dem Start verfügt, eine eventuelle Suche solle längstens bis zum 2. Juli dauern und müsse sich neben Spitzbergen besonders auf das Kap Columbia auf Ellesmere-Land konzentrieren. Denn diesen nördlichsten Punkt Kanadas wolle die havarierte Mannschaft bei einer möglichen Wanderung über das Eis ansteuern.

Auf dem Eis ernähren sie sich von dem streng rationiertem Pemmikan. Amundsen als Expeditionsleiter hat die Ration weiter reduziert, wenige hundert Gramm am Tag müssen reichen. Es gibt keinen Funk. Wenn bis zum 15. Juni kein Startversuch gelingt, soll das Flugboot zurückgelassen und über das Packeis zu Fuß wie vereinbart das Kap Columbia erreicht werden. Der 15. Juni wird deshalb gewählt, weil nach diesem Datum das Eis für einen erfolgreichen Start zu warm wird. Die Schwimmer des Flugbootes hätten wegen des zunehmend klebrigen Schneematsches keine genügende Gleitung mehr auf dem Eis, um abheben zu können.

Daheim wird unterdessen die Rettungsexpedition in die Wege geleitet. Am 8. Juni 1925 wird in Oslo beschlossen, auf Spitzbergen, Ostgrönland, Westgrönland und Kap Columbia Hilfsstationen einzurichten. Am 16. Juni erreichen zwei Hansa-Brandenburg-Wasserflugzeuge der norwegischen Marine an Bord eines Kohledampfers die Adventsbucht auf Spitzbergen und werden zu Wasser gelassen. Sie sollen starten, sobald das Wetter es zulässt. Am 17. Juni fliegen die beiden Suchflugzeuge weiter nach Ny Ålesund. Sie sollen wie vereinbart bis zum 2. Juli unterstützt von zwei Schiffen die Region nördlich von Spitzbergen großflächig absuchen. Danach soll die Suche eingestellt werden.

Die sechs Männer gelten als abgestürzt und verschollen oder gar schon als tot. Ein Schicksal, welches Amundsen drei Jahre später wieder und diesmal endgültig widerfahren soll.

Doch den Gestrandeten gelingt auf dem Packeis nach fast vier Wochen schließlich das Unglaubliche. Sie ebnen eine 500 Meter lange und zwölf Meter breite Piste in das kantige Packeis. Breite Rinnen müssen mit Schnee aufgefüllt werden. Geschätzte 500 Tonnen Eis und Schnee haben sie für die Startbahn beiseite geräumt.  Mit dem einem Flugboot, dem N-25, können sie zu sechst an Bord erfolgreich starten, „mit dem Tod als Fahrgast“, wie es später Amundsen in seinem Buch „Die Jagd nach dem Nordpol“ schreibt.

Ein 850 Kilometer langer Flug bis Spitzbergen steht ihnen in dem Dornier-Wal N-25 bevor. Als sie das offene Wasser nördlichen von Spitzbergen erreichen, sitzt die Steuerleitung fest. Zudem ist der Tank praktisch leer. Eine neue Notlandung in einer unruhigen See erwartet sie nun. Riiser-Larson sitzt alleine am Steuer, während die Anderen sich achtern zusammenquetschen, damit das Flugboot einen besseren Schwerpunkt beim Wassern hat.

Auf dem Wasser treibend können die Männer eine Stunde später eine Bucht am Nordkap von Nordostland erreichen. Über den Rand des Landeises klettern die Männer und freuen sich wie Kinder, als sie das erste Mal seit vier Wochen endlich festes Land unter den Füßen spüren. Wieder eine Stunde später passiert ein Fischkutter die Bucht. Was für ein glücklicher Zufall! Die Männer springen in ihr Flugboot, und über das Wasser gleitend erreichen sie den völlig verdutzten Kapitän des Fischkutters Sie sind gerettet!

Der Kapitän will die Männer nach Ny Ålesund bringen. Der N-25-Wal wird von dem Fischkutter in Schlepptau genommen. Aber wegen der unruhigen See wird das Flugboot in einer Bucht mit dem passenden Namen Branntweinbucht, wie es später Amundsen schildert, sicher vertäut zurückgelassen.

Bei der Vorbeifahrt an Virgohafen auf der Insel Danskøya im Nordwesten von Spitzbergen stehen die Männer mit hochgehaltenen Fahnen auf Deck, um dem Schweden Salomon August Andrée und seinen beiden Mitreisenden Strindberg und Frænkel Respekt zu zollen. Andrée wollte 1897 als erster Mensch den Nordpol durch die Luft mit seinem Gasballon erreichen und ist seitdem verschollen (erst 1930 werden die Leichen, Fotografien und Tagebücher der Andrée-Expedition im Osten von Spitzbergen auf der Insel Kvitøya gefunden).

Am späten Abend des 18. Juni erreicht der Fischkutter mit den geretteten Männern endlich wieder Ny Ålesund. Amundsen, Dietrichson, Ellsworth, Feucht, Omdal und Riiser-Larsen leben! Amundsen beschreibt die Ankunft später so: „Den Empfang, der uns da zuteil wurde, werden wir nie vergessen, selbst wenn unser Gedächnis uns sonst im Stich lassen sollte. (…) Die Toten waren zum Leben erwacht.“

Ein Jahr später kann Amundsen an Bord des Luftschiffes Norge wirklich und endlich den Nordpol erreichen. Damit ist Roald Amundsen der erste Mensch am Südpol (1911), der erste Bezwinger der Nordwestpassage (1906), der zweite Bezwinger (nach dem Schweden Nordenskiöld) der Nordostpassage (1918-1923) und wahrscheinlich auch der erste Mensch am Nordpol zusammen mit Umberto Nobile und Lincoln Ellsworth (1926). Amundsen - ein ganz globaler Wikinger!

Der Wal unter Wolfgang von Gronau

1930 startet der deutsche Flugpionier Wolfgang von Gronau mit dem Dornier Amundsen-Wal, der jetzt die Kennung D-1422 trägt, zu seinem Transatlantikflug, dem ersten Flug in der Luftfahrtgeschichte von Sylt nach Amerika, von Ost nach West. In mehreren Etappen erreicht er New York und wird dort umjubelt von dem amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover empfangen. Von Gronau gelingt zwei Jahre später in einem anderen Dornier-Wal, dem so genannten Grönland-Wal, eine Weltumrundung.

Ausstellung und Zerstörung

1932 kommt der Dornier Amundsen-Wal in das Deutsche Museum nach München und wird ausgestellt. Bei Angriffen 1944/45 wird auch das Museum zerbombt; auch der Amundsen-Wal brennt aus und ist komplett zerstört. Einige wenige Blechteile können geborgen werden. Diese werden in Kunstharz eingegossen und erinnern heute an das großartige Dornier-Flugboot.

Endlich am Nordpol!

Für den Nordpolflug stellte jetzt ein Sammler das Originalstück von dem berühmten Amundsen-Wal Flugkapitän Wilhelm Heinz zur Verfügung, um es zum Nordpol zu bringen.  Heinz: „So erreicht wirklich ein Teil des legendären Amundsen-Wal nach 87 Jahren den Nordpol!“

N-25 - Nachbau im Sommer 2012 im Dornier-Museum

In Sommer 2012 wurde ein 1:1-Nachbau, des Amundsen-Wal im Dorniermuseum am Bodensee ausgestellt. In einer Sonderausstellung war u. a. ebenfalls das Exponat ausgestellt, welches wirklich am Nordpol war.

 

 

Ständig wechselnde Spalten und Risse, meterhohe Eispressungen und zunehmend wärmeres Wetter, das waren die Gegebenheiten nach den Notlandungen der Amundsen-Expedition auf dem Packeis in der Nähe zum Pol.

 

Links oben im Bild das in Kunstharz eingegossene Originalteil des Amundsen-Wal.

 

(Quelle: Die Jagd nach dem Nordpol, Mit dem Flugzeug zum 88. Breitengrad, Roald Amundsen, im Verlag Ullstein, Berlin, o. J.)

 
 
 

Text und Fotos: Th. Bujack

Veröffentlichung und Verbreitung nur mit Einverständnis des Autors!

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